Künstliche Intelligenz im Marketing: Revolution statt Hype für Unternehmen in der Schweiz

Verfasst durch

Nicolas Quell

May 23, 2025

Daten x Kreativität = Impact

In der Welt des Marketings sorgt künstliche Intelligenz (KI) derzeit für Furore – mancher LinkedIn-Newsfeed scheint zu über 80 % aus KI-Themen zu bestehen. Doch wie viel Substanz steckt hinter dem Trend? Ist AI im Marketing nur ein kurzer Hype oder eine echte Revolution? „Wir überschätzen die kurzfristigen Entwicklungen und unterschätzen die langfristigen Entwicklungen.“, sagt Prof. Marcus Schögel (Universität St. Gallen) in einem aktuellen Podcast-Gespräch. Damit macht er deutlich: KI ist kein vorübergehender Buzzword-Trend, sondern ein langfristiger Wandel mit tiefgreifendem strategischem Impact. Unternehmen – gerade auch KMU in der Schweiz – sollten KI daher nicht als Spielerei abtun, sondern proaktiv eine AI-Strategie entwickeln und in datengetriebene Innovation investieren.

Wer tiefer in das Thema einsteigen will, kann sich die erste Episode unseres Podcasts „CorpInSight“ mit Markus Schögel – jetzt anhören! 🎙️ Jetzt reinhören

KI ist mehr als ein Hype: Zwar erleben wir momentan einen enormen Aufmerksamkeits-Peak (angetrieben etwa durch ChatGPT), doch neu ist das Thema nicht. Schögel erinnert, dass die Diskussion um KI „schon viel älter“ ist – frühe Machine-Learning-Ansätze oder Bilderkennung bei Google’s DeepMind legen Zeugnis davon ab. Der Begriff KI ist dabei breit und teils schwammig definiert.

Wichtig ist: Nach dem klassischen Gartner-„Hype Cycle“ folgt auf den Hype oft ein Abkühlen – aber bei KI scheint die Entwicklung so rasant („exponentiellen Charakter“), dass Abwarten riskant ist. Unternehmen können es sich kaum leisten, diesen Innovationssprung zu verpassen. Statt in Panik zu verfallen oder den Trend auszusitzen, sollten sie sich jetzt fragen: „Haben wir für uns verstanden, was wir eigentlich mit KI erreichen wollen? Wo kann es uns helfen? Und wie machen wir’s?“. Mit anderen Worten: Eine klare KI-Vision und -Strategie werden zum Muss – gerade auch für Firmen in der Schweiz, die im internationalen Wettbewerb nicht zurückfallen wollen (AI-Strategie Schweiz).

Data × Creativity = Impact: Die Erfolgsformel im Marketing

Eine zentrale Botschaft aus dem Gespräch mit Prof. Schögel lautet „Data × Creativity = Impact“. Die Formel bringt es auf den Punkt: Wirklichen Impact, also spürbaren Mehrwert, erzielt KI im Marketing vor allem dann, wenn Daten und Kreativität zusammenkommen. Schögel betont, dass Daten und kreative Ideen keine Gegensätze sind, sondern sich multiplizieren: „Das Wichtige ist… dass das ein Produkt ist: Daten mal Kreativität.“.

Warum ist diese Kombination so entscheidend? In vielen Marketingabteilungen gibt es bereits heute Unmengen an Daten und ausgeklügelte Analysetools. Gleichzeitig entstehen kreative Kampagnen und Content-Ideen. Doch oft fehlen die Schnittstellen, um beides zu verbinden. Daten allein führen zu reiner “Austauschbarkeit“. Wer Marketing nur datengetrieben und ohne kreatives Differenzierungsmerkmal betreibt, erzeugt kaum Kundenbegeisterung. Umgekehrt bleiben selbst brillante kreative Einfälle wirkungslos, wenn sie nicht auf relevanten Daten über Zielgruppen, Timing oder Kanäle basieren.

Ein Beispiel für gelungenes Zusammenspiel von Datenkompetenz und Kreativität lieferte etwa der Schweizer Handel: Coop integrierte vor zwei Jahren in einer Weihnachtskampagne datenbasierte Insights in die kreative Gestaltung – mit grossem Erfolg. Solche Fälle zeigen: Wenn Unternehmen ihre vorhandenen Datenressourcen mit frischen Ideen verknüpfen, entsteht echte datengetriebene Innovation. Schögel sieht jedoch genau hier die grösste Herausforderung: Viele Firmen tun sich schwer, die „Kombinatorik“ hinzubekommen . Seine Mahnung: Es gilt zu verstehen, „dass Daten und Kreativität eigentlich zusammengehören“ – nur dann zündet KI-basiertes Marketing wirklich und fördert Customer Centricity mit KI, also kundenzentrierte Personalisierung und Experiences auf Basis von Daten und kreativem Feingefühl.

Herausforderungen bei der KI-Einführung: Silos, Kultur und Integration

Trotz aller Verheissungen stehen Unternehmen vor handfesten Herausforderungen, wenn sie KI im Marketing einsetzen wollen. Im Podcast werden mehrere Pain Points klar benannt:

Daten-Silos und fragmentierte Strukturen

Über 30 % der Unternehmen kämpfen mit sehr heterogenen und isolierten Datenstrukturen, was ein grosses Hindernis für KI-Projekte darstellt. Ohne einheitliche, zugängliche Datenbasis kann keine KI-Initiative richtig greifen. Wenn Kundendaten über Abteilungen verteilt oder in alten Systemen „gefangen“ sind, bleibt digitale Transformation Stückwerk. Schögel unterstreicht: „Wenn ich keine Datengrundlage habe… bringt das Ganze nichts.“  Unternehmen sollten also zuerst in ihre Dateninfrastruktur investieren und Silos aufbrechen.

Geringe Awareness im Management

Noch immer nutzen viele Führungskräfte KI-Tools kaum selbst. Laut einer zitierten McKinsey-Studie verbringen nur ~3 % der befragten Manager signifikant (>30 % ihrer Zeit) mit generativer KI, während Top-Entscheider glauben, es seien weniger als 1 %. Diese Diskrepanz zeigt: Die oberste Ebene unterschätzt oft, was bereits möglich ist, und viele haben Berührungsängste. Schögel sieht hier den „meist unterschätzten Bereich“ – Führungskräfte müssen selbst Erfahrungen sammeln, um KI-Potenziale einschätzen zu können. Andernfalls fehlt die notwendige Awareness und Vision, um KI strategisch im Unternehmen zu verankern.

Mangelnde Mitarbeiter-Einbindung

Technologische Transformation ist immer auch Change Management. Oft „werden Mitarbeiter nicht miteinbezogen. Es wird in Silos gedacht“, warnt Schögel . Wenn die Belegschaft kein Buy-in hat oder unsicher im Umgang mit KI ist, scheitern erste Projekte. Mitarbeiterakzeptanz entsteht, indem man frühzeitig Schulungen anbietet, Guidelines zum KI-Einsatz (z.B. Umgang mit Daten und Tools) definiert und Raum für gemeinsame Ideenfindung schafft. Die besten KI-Use-Cases kommen häufig von den Mitarbeitenden selbst, wenn man ihnen die Freiheit gibt, zu experimentieren und Ineffizienzen aufzudecken. Eine offene Kultur, in der KI nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug verstanden wird, ist entscheidend.

«Oft werden Mitarbeitende nicht miteinbezogen. Es wird in Silos gedacht.»

Diese Herausforderungen sind klassisch und vergleichbar mit früheren Technologiesprüngen (Internet, Social Media, Mobile). Viele der Gründe, warum erste KI-Projekte ins Stolpern geraten, ähneln den Gründen des Scheiterns anderer Veränderungsprojekte: fehlende Awareness, unzureichende Unterstützung von oben, isoliertes Denken und keine breite Abstützung im Unternehmen. Doch genau diese Stolpersteine lassen sich aus dem Weg räumen, wenn man sie erkannt hat – und das Fundament für erfolgreiche KI-Initiativen legt.

Praktische Anwendungsfälle: Von Agentic AI bis zur Automatisierung

Trotz aller Anfangshürden gibt es bereits heute zahlreiche Use Cases, wie KI im Marketing und Unternehmensalltag Wert stiftet. Im Podcast werden einige Einsatzfelder diskutiert, die Entscheider im Blick behalten sollten:

Agentic AI – autonome KI-Agenten

Unter Agentic AI versteht man KI-Systeme, die eigenständig handeln und Entscheidungen treffen können. Moderne Tools erlauben es mittlerweile, spezialisierte KI-Agenten per Prompt Engineering zu erstellen, die ganze Workflows proaktiv ausführen . Im Marketing könnten solche Agenten z.B. Kampagnen autonom optimieren oder personalisierte Kundenansprachen in Echtzeit steuern. Diese Entwicklung („Agentech Workflows“  genannt) hat das Potenzial, die Effizienz drastisch zu steigern – und Arbeitsabläufe grundlegend zu verändern. Unternehmen sollten experimentieren, wie digitale Assistenten oder Bots Routineaufgaben übernehmen können.

KI-gestützte Entscheidungsunterstützung

Ein besonders spannendes Feld liegt in der Assistenz bei Entscheidungen. Hier arbeitet Mensch und Maschine kollaborativ zusammen. Beispielsweise kann eine Marketing-Analystin komplexe Daten von einer KI aufbereiten und Vorschläge erhalten, welche Massnahmen am erfolgversprechendsten sind. „Du machst eine Analyse und lässt dir von der Maschine vorschlagen, was du zu tun hast“, beschreibt Schögel das Prinzip der Decision Support Systems. KI liefert datengestützte Empfehlungen (etwa welcher Preis optimal ist oder welcher Content bei welcher Zielgruppe wirkt), die der Mensch dann prüft und umsetzt. Dadurch werden Entscheidungen schneller und objektiver – ohne die menschliche Erfahrung aussen vor zu lassen.

Interne Automatisierung und Effizienz

Nicht zuletzt bietet KI enormes Potenzial zur Automatisierung interner Abläufe. Von der Lead-Qualifizierung über das Erstellen erster Content-Entwürfe bis hin zur Segmentierung von Kundenlisten lassen sich viele repetitive Tasks an KI-Systeme delegieren. Das schafft Freiraum für Mitarbeiter, sich auf strategische und kreative Aufgaben zu konzentrieren. Schögel rät Unternehmen, zunächst zu schauen, „wo habe ich überhaupt Dinge, die ich standardisieren kann?“. Gerade standardisierte Routineprozesse sind die besten Kandidaten für KI- und Automationslösungen. Wichtig ist dabei immer, den richtigen Mensch-Maschine-Mix zu finden – KI sollte Mitarbeitende entlasten, nicht ersetzen. Wenn Mensch und KI effektiv zusammenspielen, „verschiebt [das] Berge“, so Schögel über die Macht dieser Kollaboration.

Diese und weitere Anwendungsfälle zeigen: KI bietet vom kundenorientierten Marketing bis hin zur internen Prozessoptimierung breite Chancen. Entscheidend ist, dass Unternehmen experimentierfreudig bleiben – viele Firmen fahren derzeit mehr Pilotprojekte als ein Flughafen Startbahnen hat, wie Schögel augenzwinkernd anmerkt. Aus jedem Pilotprojekt lernt man dazu.

Empfehlungen für KMU: klein starten, kundenfokussiert vorgehen

Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fragen sich oft, wie sie den Einstieg in KI finden sollen. Prof. Schögel gibt hier wertvolle Empfehlungen, die Entscheider beherzigen können:

«Einfach mal auszuprobieren, ist das Erste – auch wenn es im kleinsten Rahmen geschieht.»

Klein starten und lernen

Beginnen Sie mit einem überschaubaren Pilotprojekt, statt direkt alles umkrempeln zu wollen. „Einfach mal auszuprobieren, ist das Erste – auch wenn es im kleinsten Rahmen geschieht.“  Diese Lernpiloten liefern Erfahrung mit geringem Risiko. Akzeptieren Sie anfängliches Scheitern als Lerneffekt – wichtig ist, dass das Team daraus Erkenntnisse zieht. Viele kleine Schritte ergeben auf Dauer einen grossen Fortschritt.

Messbare Use Cases wählen

Suchen Sie sich ein Projekt mit klarem Nutzenversprechen und KPIs, an dem Sie den Impact von KI demonstrieren können. Idealerweise hat das Vorhaben entweder ein grosses Effizienzpotenzial, ein hohes Lernpotenzial oder einen direkten Einfluss auf Wachstum oder Umsatz. Durch messbare Ergebnisse überzeugen Sie schneller interne Stakeholder von weiteren Investitionen. Konzentrieren Sie sich auf Teilbereiche, die gut abgrenzbar sind, und skalieren Sie nach Erfolg schrittweise weiter.

Kundenschnittstellen nutzen (Customer Centricity)

Wählen Sie Anwendungsfälle, die nah am Kunden sind. Schögel empfiehlt, Projekte immer vom Kunden her zu denken. Statt nur interne Prozesse zu optimieren, überlegen Sie, wo KI direkt das Kundenerlebnis verbessern kann – sei es im Marketing (personalisierte Ansprache), im Vertrieb (bessere Beratung) oder im Service (schnellere Reaktionszeiten). In der Vergangenheit wurden digitale Transformationen oft zu sehr nach innen fokussiert und der Kunde „nicht mit ins Boot geholt“. Vermeiden Sie diesen Fehler, indem Sie Customer Centricity mit KI zum Leitprinzip machen. Projekte an der Kundenschnittstelle bringen nicht nur schnellen Nutzen, sondern helfen auch, intern Begeisterung für KI zu wecken, weil sie greifbare Ergebnisse liefern.

Datenbasis pflegen

Abschliessend lohnt ein Blick auf die Datenbasis: Stellen Sie sicher, dass zumindest grundlegende Daten vorhanden und zugänglich sind. Ohne Daten kein KI-Erfolg – „wenn keine Datengrundlage [da ist], bringt das Ganze nichts“, warnt Schögel. KMU müssen keine perfekt organisierten Data Warehouses haben, aber z.B. Kunden- und Marktdaten in nutzbarer Form sind ein guter Startpunkt. Gegebenenfalls können auch öffentlich verfügbare Daten oder kleine eigene Datensammlungen genutzt werden, um erste Modelle zu trainieren.

Fazit

KI im Marketing ist gekommen, um zu bleiben. Für Entscheider in Schweizer Unternehmen heisst das, jetzt strategisch aktiv zu werden. Der Schlüssel liegt darin, Technologie, Daten und menschliche Kreativität zu vereinen, Schritt für Schritt zu lernen und die Menschen im Unternehmen mitzunehmen. Wer heute kundenfokussierte KI-Initiativen anstösst, legt den Grundstein für morgen – für mehr Effizienz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in der digitalen Zukunft.

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