Wissenssicherung 4.0 – Warum KI und Blockchain zur Pflicht für moderne Unternehmen werden

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May 7, 2025
Die globale Wissensmenge verdoppelt sich heute in weniger als dreizehn Monaten – zu Beginn des 20. Jahrhunderts dauerte derselbe Prozess rund siebzig Jahre. Für Entscheiderinnen und Entscheider bedeutet diese Beschleunigung, dass deren Unternehmen nur dann konkurrenzfähig bleiben, wenn sie internes Know‑how schneller erfassen, verlässlicher schützen und intelligenter nutzbar machen als die Konkurrenz. Genau hier setzt das Gespräch zwischen Julianus Kath und Thomas Hepp, Gründer von OriginStamp, in der jüngsten Folge des CorpInSight‑Podcasts an.
«Wir haben in der Schweiz kein Erdöl – Wissen ist unsere zentrale Ressource»
Hepp fasst damit den Schweizer Standortvorteil in einen Satz: Wer Wissen nicht sichert, gefährdet die wirtschaftliche Lebensgrundlage. Doch wie lässt sich in Zeiten exponentieller Datenvermehrung verhindern, dass Dokumente veralten, Mitarbeiterwissen verloren geht und Regulatoren den Stecker ziehen? Die Antwort liegt in der symbiotischen Nutzung zweier Technologien, die bislang selten gemeinsam gedacht werden: Retrieval‑Augmented Generation (RAG) für die semantische Erschliessung von Daten und Blockchain‑Timestamping für deren dauerhafte Integritätsgarantie.
Wer tiefer in das Thema einsteigen will, kann sich die erste Episode unseres Podcasts „CorpInSight“ mit Thomas Hepp jetzt anhören! 🎙️ Jetzt reinhören
Vom verstaubten Archiv zur dynamischen Wissensinfrastruktur
Die Praxis vieler KMU sieht ernüchternd aus: Vertragsordner im Keller, Excel‑Silos auf Fileservern, Fachartikel als PDF auf lokalen Laufwerken. Was CFOs, CTOs und Compliance‑Officers bis dato als notwendiges Übel hinnehmen, beschreibt Hepp als unerschlossene Goldmine:
«In jedem Archiv stecken alle interessanten Daten des Unternehmens – man braucht nur schlaue Algorithmen, um sie auswertbar zu machen.»
RAG erweitert Large Language Models (LLM) um eine semantische Suchkomponente, die Dokumente on the fly als Kontext hinzulädt. Dadurch lassen sich Tausende Verträge, Prozessbeschreibungen oder Laborberichte in Millisekunden verarbeiten. Für Entscheidungsträger erwächst daraus ein radikaler Paradigmenwechsel: Anstelle manueller Recherche entsteht ein dialogbasierter Zugang, der hochrelevante Passagen zitiert, Quellen offenlegt und sich nahtlos in bestehende Workflows einbetten lässt – von der strategischen Umfeldanalyse bis zum automatisierten Due‑Diligence‑Audit.
Doch Semantik allein genügt nicht. Ohne Integritätsnachweis bleibt jede KI‑Antwort juristisch angreifbar. Genau hier liefert die Blockchain einen Mehrwert, den klassische Datenbanken nicht bieten können: Unveränderlichkeit.
Blockchain‑Timestamping als Compliance‑Versicherung
Blockchain ist langsam und energieintensiv – diese Kritik teilt Hepp offen. Dennoch bleibt das Verfahren das einzige global zugängliche System, dem seit mehr als anderthalb Jahrzehnten keine erfolgreiche Manipulation nachgewiesen wurde. OriginStamp nutzt daher einen pragmatischen Ansatz:
«Wir aggregieren alle Beweise eines Tages und schreiben nur eine Transaktion in die Blockchain – das ist kosteneffizient und nachhaltig.»
Indem mehrere Millionen Dokument‑Hashes in einem Merkle‑Tree zusammengefasst und als Einzelhash in die Bitcoin‑Blockchain geschrieben werden, lassen sich archivierte Inhalte jederzeit gerichtsfest validieren, ohne dass sensible Informationen offengelegt werden. Für Branchen mit strengen Aufbewahrungs‑ und Dokumentationspflichten – Medizintechnik, Pharma, Lieferkette, Finanzdienstleistung – reduziert dieser Ansatz die Compliance‑Kosten signifikant: Prüfgesellschaften, Exportbehörden oder Investorengremien akzeptieren Blockchain‑Nachweise zunehmend als Best Practice.
Datensouveränität durch Self‑Hosted LLMs
Die Sicherheit sensibler Wissensbestände lässt sich allerdings nicht an Public‑Cloud‑Dienste delegieren. Hepp warnt vor allzu sorglosem Prompt‑Engineering im Browser:
«Ich persönlich traue mich nicht, Firmengeheimnisse in ChatGPT einzugeben, auch wenn das Abo verspricht, die Daten nicht fürs Training zu verwenden.»
Die Lösung lautet Self‑Hosted LLM‑Stacks: Modelle wie Llama‑3 oder Mistral werden entweder On‑Premises oder bei einem zertifizierten Schweizer Hoster betrieben. So verbleiben geistiges Eigentum, Kundendaten und Forschungsberichte hinter der eigenen Firewall, während alle RAG‑Funktionen erhalten bleiben. Für Entscheider bedeutet dies, dass die rechtlichen Anforderungen von schweizerischem Datenschutzgesetz (DSG) und europäischer DSGVO eingehalten werden, ohne auf generative KI zu verzichten.
Die stille Hürde: Unternehmenskultur und Mut
Technologie ist nur die halbe Miete. Hepp betont immer wieder, dass die grössten Barrieren nicht im Datacenter, sondern im Kopf liegen:
«Die grössten Hürden sind die Menschen. Unternehmen brauchen Mut und eine klare Vision.»
Er empfiehlt, interdisziplinäre Mastermind‑Gruppen einzurichten, in denen Fachexperten Low‑Hanging‑Fruits identifizieren, Pilotprojekte priorisieren und Erfolgsgeschichten intern kommunizieren. Durch wiederholte Reifegrad‑Checks – Hepp verweist auf die «Knowledge‑Doubling‑Time» als Indikator – wird Fortschritt messbar und Motivation erzeugt. Das Resultat ist eine Lernorganisation, die sich Schritt für Schritt an die Grenzen des technisch und regulatorisch Machbaren herantastet.
Strategische Implikationen für C‑Level‑Entscheider
1. Zeitfaktor reduzieren
Jede Woche, in der Dokumente unerschlossen bleiben, verliert das Unternehmen Reaktionsgeschwindigkeit. RAG‑gestützte Archive liefern Entscheidungsgrundlagen in Echtzeit.
2. Rechts‑ und Revisionssicherheit erhöhen
Blockchain‑Timestamping liefert manipulationssichere Nachweise, die Betriebsprüfungen, IP‑Disputen oder ISO‑Audits standhalten – ein Wettbewerbsvorteil in regulierten Märkten.
3. Datensouveränität wahren
Self‑Hosted LLMs vereinen KI‑Leistungsfähigkeit mit maximaler Vertraulichkeit. So bleibt strategisches Wissen im Unternehmen, während Exzellenz entsteigt.
4. Kulturwandel fördern
Visionäres Leadership und partizipative Mastermind‑Formate transformieren Ängste vor Automatisierung in Innovationskraft.
Fazit: Wissenssicherung als Wachstumsmotor
Die Verschmelzung von Retrieval‑Augmented Generation und Blockchain‑Timestamping schafft eine robuste, skalierbare und revisionssichere Wissensinfrastruktur. Unternehmen, die diese Technologien integriert statt isoliert einsetzen, sichern nicht nur ihr bestehendes Know‑how, sondern eröffnen neue Wertschöpfungspotenziale – von der automatisierten Compliance‑Berichterstattung bis zur KI‑gestützten M&A‑Due‑Diligence. In Hepps Worten:
«Ein schlechter Prozess bleibt auch mit KI ein schlechter Prozess – aber ein guter Prozess skaliert exponentiell.»
Für Entscheidungsträger ist jetzt der Moment, mutig zu handeln: Ressourcen priorisieren, Proof‑of‑Concepts starten, interne Champions befähigen. Wer abwartet, riskiert, dass sein Unternehmenswissen in der Datenflut untergeht – und damit die Grundlage für künftiges Wachstum.
📢 Sie wollen mehr erfahren? Dann hören Sie sich die komplette Podcast-Episode mit Thomas Hepp an!
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